Interview „Neanderwein“

Seit zwei Jahren betreiben Silvana und Stefan Pölitz unter dem Namen „Neanderwein“ einen Weinhandel in der Nähe von Düsseldorf. Den Weinhandel selbst gibt es als Familienunternehmen bereits seit 27 Jahren. Stefan und Silvana standen den Vorbesitzern, die mittlerweile im Ruhestand sind, schon lange nah und haben 2020 den Schritt gewagt, den Weinhandel zu übernehmen und auszubauen. Neanderwein hat sich mittlerweile einen Namen in der Region gemacht und ich freue mich, dass ich den beiden heute ein paar Fragen stellen darf.

Liebe Silvana, lieber Stefan, als Hochzeitsplanerin habe ich immer wieder mit Brautpaaren zu tun, die sich bei der Auswahl der Hochzeitsweine schwertun. Gerade an so einem Tag möchte man etwas Besonderes anbieten, dass gleichzeitig jeden Geschmack treffen soll. Gar nicht so einfach. Was denkt ihr: Dürfen die Hochzeitsweine sich am Geschmack des Brautpaares orientieren, oder nimmt man besser einen halbtrockenen Allrounder, der einem breiten Publikum schmeckt?

Die Hochzeit ist DAS Ereignis im Leben eines Paares und natürlich soll das Brautpaar mit den eigenen Vorlieben nicht zurückstecken. Es gilt jedoch das ein oder andere Fettnäpfchen zu vermeiden. Liegen die eigenen Vorlieben beispielsweise bei sehr süßen Weinen, sind diese nur schwer mit dem Essen zu kombinieren. Hier würde es sich anbieten, zunächst einen oder mehrere auf das Essen abgestimmte Weine zu wählen. Nach Möglichkeit kann die eigene Vorliebe ja hier passend eingebunden werden. Und sollte der Lieblingswein gar nicht zum Essen passen, kann man ihn auch problemlos nach dem Essen auftischen und den restlichen Abend genießen.

Falls ich mich doch für den Allrounder entscheiden sollte, habt ihr eine Empfehlung?

Wir tun uns mit dem Begriff „Allrounder“ ein bisschen schwer – bezieht man den Begriff auf die vielseitige Kombinationsmöglichkeit eines Weines mit vielen verschiedenen Gerichten, müsste der Wein möglichst unkompliziert, ohne Ecken und Kanten, ohne markantes Geschmacksspektrum, nicht zu süß und nicht zu sauer sein. Mit anderen Worten – der Wein ist langweilig. Bezieht man den Begriff „Allrounder“ aber darauf, dass der Wein sowohl zum Essen als auch solo genossen zu überzeugen mag, wird er sicherlich nicht mit jedem Gericht gut kombinierbar sein. Je nach Essen und eigenen Vorlieben lässt sich immer eine passende Lösung finden – egal ob minimalistisch mit wenigen Weinen oder pompös mit dem jeweils zum Gericht passenden Wein. Pauschal lässt sich diese Frage aber nicht beantworten.

Fangen wir mal ganz vorne an: Viele Hochzeitspaare bieten einen Sektempfang an. Empfehlt ihr hier ganz klassisch Sekt oder kommen auch Prosecco, Crémant oder Champagner in Frage?

Sekt kann man zunächst als Überbegriff auch für die drei genannten Vertreter ansehen. Die Unterschiede ergeben sich durch die Herstellung und damit bedingt auch durch den Geschmack. Am Ende zählt genau das – es muss schmecken. Wir raten immer zu einem qualitativ hochwertigen Produkt – dabei ist nicht gemeint, dass Champagner automatisch hochwertiger ist, als Prosecco oder Crémant. Ein guter Crémant stellt so einige deutlich teurere Champagner in den Schatten. Wer es nicht so trocken mag, für den ist ein guter Prosecco Spumante keine schlechte Wahl.

Am häufigsten höre ich von meinen Brautpaaren die Frage, wie viele Sorten Wein sie bei der Hochzeitsfeier anbieten sollten. Kommt man mit einem Rotwein und einem Weißwein aus oder sollte es etwas mehr sein?

Das hängt vor allem vom eigenen Anspruch ab. Man sollte jedoch eine klare Linie verfolgen. Entweder bleibt es schlicht bei wenigen Weinen (wie z.B. einem Weiß- und einem Rotwein) oder es wird der jeweils passende Wein zum Essen gereicht. Eine große Auswahl an verschiedenen Weinen ohne Zuordnung verwirrt und verunsichert hingegen die Gäste – das falsche Food-Wine-Pairing sorgt dann eher für Enttäuschung.

Worauf muss ich bei der Auswahl achten? Die Jahreszeit? Das Essen? Die Altersstruktur meiner Gäste?

Es gibt eine Vielzahl von Einflüssen die zu berücksichtigen sind. Neben der Jahreszeit und dem Essen ist auch das Budget relevant (ein guter Champagner kostet gerne 50€ pro Flasche). Zum Thema Food-Wine-Pairing haben wir ja schon ein bisschen gesprochen – das Thema ist leider so komplex, dass eine pauschale Aussage nicht weiter hilft. Die Jahreszeit spielt dahingehend eine große Rolle, da im Sommer eher leichte und frische Weine und im Winter eher volle Weine gefragt sind. Auf die Altersstruktur muss hingegen kein Augenmerk gelegt werden.

Wenn es keine Menüfolge, sondern ein Buffet mit ganz unterschiedlichen Hauptspeisen gibt, wird nicht jeder Wein zu jedem Gericht passen. Wie gehe ich damit am besten um?

Das hängt von der Buffet-Vielfalt ab. Je nach Zusammenstellung könnten einzelne Weinempfehlungen genannt werden oder passend zu den Kategorien Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise ein passender Wein ausgelobt sein. Am Ende kann ja jeder Gast für sich entscheiden, ob er der Empfehlung folgt.

Wenn Brautpaare direkt bei euch anfragen, um ihre Hochzeitsweine zu bestellen, bietet ihr auch Beratungen und Weinproben an? Ist es eventuell sinnvoll, vor der Hochzeit eine Weinprobe mit Trauzeugen oder anderen Vertrauten zu machen, um sich gemeinsam auf die Hochzeitsweine zu einigen?

Das macht absolut Sinn und bieten wir auch an. Man sollte im Vorfeld aber klären, ob und unter welchen Bedingungen man eigene Weine am Veranstaltungsort ausschenken darf. Auch wenn es die Weine des Veranstalters sein sollen, kann man diese sicherlich im Vorfeld probieren.

Silvana und Stefan, ich danke euch sehr für eure Zeit und dass ihr mich an eurer Expertenmeinung habt teilhaben lassen! Zum Abschluss habe ich noch eine ganz persönliche Frage. Wenn ihr beide jetzt noch einmal heiraten würdet: Für welche Weine würdet ihr euch entscheiden?

Zu unserer Hochzeit hatten wir gemeinsam mit guten Freunden die Weinauswahl im Zuge einer Probe im gebuchten Restaurant getroffen. Heute würden wir uns natürlich für Weine aus unserem Weinkeller entscheiden. Zum Empfang würde es dann einen Crémant aus der Pfalz vom Sektgut Winterling geben. Ohne das Menü / Buffet zu kennen, lässt sich hierzu noch keine Aussage treffen, wir würden aber unsere Lieblingsweine versuchen einzubauen oder im Anschluss zu servieren. Das sind aktuell der Viognier vom Weingut Oliver Zeter für Silvana und der Lagrein Riserva vom Weingut Peter Zemmer für Stefan.

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